Hausbau mit Zukunftsblick

Warum bei der Planung umgedacht werden muss

21.05.2024


Warum ist eine Auseinandersetzung mit der Thematik beim Hausbau wichtig? 

Dr. Christine Lemaitre
Der Gebäudesektor ist einer der größten CO2-Emittenten und Ressourcenverbraucher. Große Mengen CO2 entstehen, sofern das Gebäude nicht klimapositiv im Betrieb ist, während der Nutzungszeit des Gebäudes. Viele Bestandsgebäude haben einen schlechten energetischen Standard, diese gilt es, so schnell wie möglich in Richtung eines klimaneutralen Betriebs zu bringen.

Große Mengen CO2 entstehen aber auch schon, wenn Gebäude errichtet werden, bei der Herstellung der Baumaterialien und dem Bau. Zudem ist mit weiteren CO2-Emissionen zu rechnen, wenn ein Gebäude nach vielen Jahren zurückgebaut wird.Bezieht man diese in die Betrachtung mit ein, ist es aus Klimaschutzperspektive immer besser, ein Bestandsgebäude zu erhalten und zu sanieren, als abzureißen und mit viel Energie- und Ressourcenaufwand neu zu bauen.

Wenn wir Klimaschutz und Nachhaltigkeit ernst nehmen, kommen wir nicht umhin, die Themen auch in der Hausbau-Phase in die Planung mit einzubeziehen.


Was glauben Sie, wie sich der Hausbau in Zukunft verändern wird?

Dr. Christine Lemaitre
Ich hoffe, dass sich die Aspekte des nachhaltigen Bauens als neues Normal in die Entscheidungsprozesse einfinden. Denn aus ökologischer und ökonomischer Sicht sind Mehrfamilienhäuser in vielen Fällen die bessere Wahl und werden sicherlich zukünftig stärker gefördert werden – auch um Flächenversiegelung zu minimieren. Der Hausbau wird immer mehr im Quartier gedacht werden, um eine effiziente erneuerbare Energieinfrastruktur sicherzustellen und aufzubauen. Häuser müssen umnutzbar, aufteilbar und erweiterbar sein, um auf die verschiedenen Lebensphasen angemessen reagieren zu können.

Ich hoffe, dass finanzielle Förderungen viel stärker in die Sanierung von Bestandsgebäuden fließen, denn darin liegt der größte Klimaschutzhebel des Bausektors. Der klimaneutrale Betrieb, der komplett ohne fossile Energieträger auskommt, wird sicherlich zum Standard werden. Außerdem brauchen wir mehr und qualitativ hochwertige Wohngebäude für Personen, deren Kinder nicht mehr zu Hause wohnen – und zwar im selben Quartier, in welchem sie bisher auch schon wohnten. Dies, kombiniert mit Wohnungstauschangeboten der Kommunen, würde die verschiedenen Bedürfnisse viel besser in Einklang bringen. 


Was möchten Sie jedem zu diesem Thema mitgeben?

Dr. Christine Lemaitre
Grundsätzlich müssen wir ehrlich auf unsere Welt schauen und realisieren, dass wir mitten im Klimawandel sind. D.h. die Frage ist nicht, wie wir in Zukunft heizen, sondern wie wir Gebäude ertüchtigen bzw. neu bauen, die gegen Überhitzung geschützt sind – und zwar nicht durch den Einbau von Klimaanlagen. Wir müssen in die südlichen Länder schauen und unsere gebaute Umwelt, aber auch unsere Lebensweise, dem Klimawandel anpassen.

Außerdem würde ich mir wünschen, dass die Menschen offener sind, mehr Vertrauen in die Bauschaffenden haben und mit Bauthemen mit weniger vorgefassten Meinungen umgehen. Viele scheinen genau zu wissen, was alles nicht möglich ist. Oftmals fehlt aber einfach die Vorstellungskraft. Wenn wir uns unsere Städte heute anschauen, müssen wir uns ehrlich eingestehen, dass sie zu laut, zu heiß und zu schmutzig sind. Das heißt, hier Veränderung zu schaffen, ist etwas Positives und Gutes und nichts, dem man sich versperren sollte. Jeder kann hier etwas beitragen.


von Janine Schulz
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